Physiognomie und Psychologie im Liniengewirr
Dem Kunstrasen-Publikum bereits vom letzten Jahr bekannt, wird Maya Dietrich auf dem diesjährigen Kunstrasen Open Air neue Arbeiten zeigen.
In ihren aktuellen Arbeiten beschäftigt sich die Künstlerin mit dem Kulturanthropologen René Girard und seinen Theorien zur Gewalt. Bei diesen steht der Konflikt der mimetischen Rivalitäten im Mittelpunkt, wobei es sich eher um einen Wettbewerb handelt, den ein komplexes Verlangen auszeichnet: das Begehren. Laut Girard wissen die Menschen nicht, was sie begehren. Um es herauszufinden beobachten sie andere, die sie verehren und ahmen deren Begehren nach. Sie wird eine Reihe Bilder präsentieren, die von diesem Konflikt erzählen: Der Blick auf den Anderen, das Begehren, der Neid und letztendlich die Gewalt.
Maya Dietrich, geboren 1982 in Stuttgart, studierte Anglistik und Germanistik und hat sich seit 2009 in zahlreichen Filmprojekten engagiert, unter anderem auch in Zusammenarbeit mit dem Stadttheater Heidelberg. Seit 2014 ist sie hauptamtliche Mitarbeiterin der Videowerkstatt des Medienforums Heidelberg. Dort initiiert, begleitet und unterstützt sie diverse medienpädagogische Projekte. Im Wintersemester 2014/15 übernahm sie einen Lehrauftrag zu Literaturverfilmungen am Germanistischen Seminar der Universität Heidelberg.
2010 entdeckte sie für sich eine verschüttete Ausdrucksform wieder, die für sie mehr als allein eine Leidenschaft ist. In ihren Zeichnungen treiben aus der Tiefe ihre eigensten Themen an die Oberfläche und suchen den Dialog mit den Betrachtern. Keine eindimensionalen Abbildungen, nicht die Anstrengung um stumme Ähnlichkeiten kennzeichnet ihre Arbeiten, sondern eine freie Strichführung, die momenthaft scheint und immer wieder die Betrachter zu berühren vermag.
Flüchtig sind nicht die Bilder, vielleicht allenfalls der Blick des Betrachters. Vielmehr sind ihre Zeichnungen gleichzeitig fragil und aggressiv, bedrohlich und traumähnlich. Sie erscheinen als Fragmente und sind Bilder eines somnambulen Ringens. In der Ein-Tag-Ausstellung 2013 im Atelier von Ella Kehrer fanden ihre Arbeiten erstmals eine öffentliche Aufmerksamkeit und überzeugende Resonanz.